Präludium: Orgel und Flöte

Begrüßung und Hinführung:

Liebe Gemeinde,

ein Jahr Corona-Fasten liegt hinter uns, ein ganzes Jahr seit unserer letzten Kreuzwegandacht hier. In dieser Zeit ist unser Robert Bauernfeind in St. Martin in Nürnberg auf Kreuzwegbilder gestoßen, die – wie wir meinen – gut in diese eher verhaltene Zeit passen. Curd Lessig hat die Bilder gemalt, ein im Fränkischen gut beheimateter Künstler, der 2019 mit 94 Jahren verstorben ist. In vielen fränkischen Kirchen hat er seine Visitenkarte in Form von Bildern, Glasfenstern, Deckenmalereien, Mosaiken und vielem mehr hinterlassen. Für unsere Kreuzwegbilder hat er nur wenig bunte Farben verwendet. Er weicht nur für die beiden zentralen Szenen von diesen Beschränkungen ab: bei den Bildern vom Tod am Kreuz und der Auferstehung Jesu. Dabei zeichnet er mit eher grau-schwarzem, einfachen Pinselstrich die zentralen Figuren. Nichts Überflüssiges ist zu sehen. Irgendwie ist das auch ein Symbol für dieses vergangene Jahr. Wir beschränken uns, begrenzen unser Leben, werden auf unsere zentralsten Beziehungen zurückgeworfen. Und das muss nicht einmal schlecht sein.
Curd Lessig wusste sicher, worauf es im Leben ankommt. Deshalb richtet sich sein Blick nur auf die zentralen Figuren. Außenstehende und Zuschauer bildet er nicht mit ab. Und noch eines wollte er nicht: dass wir beim Leiden Jesu stehenbleiben. Deshalb hat er noch eine 15. Station zu den traditionellen 14 hinzugenommen.
Heute Abend wollen wir wieder versuchen, den Leidensweg Jesu nachzugehen und zu meditieren. Vielleicht folgen wir da auch ein Stück weit einem Gedanken aus der jüdischen Tradition, der besagt: „Es gibt drei Wege, auf denen der Mensch seinem tiefen Kummer Ausdruck geben kann. Der Mensch auf der niedersten Stufe weint; der Mensch auf der zweiten Stufe schweigt; der Mensch auf der höchsten Stufe weiß seinen Kummer zum Lied zu wenden.“ So dürfen und sollen Sie schauen und müssen fast immer schweigen. Aber verzichten auf das Lied wollten wir nicht. Daher werden uns die zugehörigen Strophen vorgesungen von Elisabeth Tasler, deren Mann sie auf der Orgel begleitet und denen wir jetzt schon danken wollen. Vielleicht vergessen wir es ja sonst am Ende. Inmitten des Leidensweges hören wir das einfache Lied. Und mit der 15. Station und der zugehörigen Liedstrophe wird unsere kleine Andacht zum erinnernden Lobpreis des Gottes, der sich in Jesus uns Menschen zugewandt hat. Vielleicht nehmen wir dann nach Hause mit, was uns der Prophet Micha überliefert hat: „Es ist dir gesagt worden, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir erwartet: Nichts anderes als dies: Recht tun, Güte lieben und achtsam mitgehen mit deinem Gott.“ (Micha 6,8)

So lassen Sie uns jetzt auf den Weg machen, den Kreuzweg Jesu.

 


1. Station: Jesus wird zum Tode verurteilt

Im Evangelium nach Markus lesen wir:
Jeweils zum Fest ließ Pilatus einen Gefangenen frei, den sie sich ausbitten durften. Damals saß gerade ein Mann namens Barabbas im Gefängnis, zusammen mit anderen Aufrührern, die bei einem Aufstand einen Mord begangen hatten. Die Volksmenge zog zu Pilatus hinauf und verlangte, ihnen die gleiche Gunst zu gewähren wie sonst. Pilatus fragte sie: Wollt ihr, dass ich euch den König der Juden freilasse? Er merkte nämlich, dass die Hohepriester Jesus nur aus Neid an ihn ausgeliefert hatten. Die Hohepriester aber wiegelten die Menge auf, lieber die Freilassung des Barabbas zu fordern. Pilatus wandte sich von Neuem an sie und fragte: Was soll ich dann mit dem tun, den ihr den König der Juden nennt? Da schrien sie: Kreuzige ihn! Pilatus entgegnete: Was hat er denn für ein Verbrechen begangen? Sie aber schrien noch lauter: Kreuzige ihn! Darauf ließ Pilatus, um die Menge zufriedenzustellen, Barabbas frei. Jesus lieferte er, nachdem er ihn hatte geißeln lassen, zur Kreuzigung aus. (Mk 15,6-15)

Betrachtung zum Bild:
Gedemütigt, geschlagen, gegeißelt, gefesselt - gekleidet nur in einem purpurroten Umhang, so steht Jesus mit einer Dornenkrone auf dem Kopf vor uns. Sein Blick schaut ins Leere; aber eigentlich schaut er direkt auf den Betrachter des Bildes - also auf mich. Es scheint so, als wollte er den Betrachter fragen, was soll das alles, was wirfst du mir vor?
Daneben sitzt Pilatus auf seinem Thron – alles grau in grau, ein smarter, feiner und junger Mann, aber mit Kanten und Ecken dargestellt. Seine Hand ist ausgestreckt und der Zeigefinger zeigt auf „den da“, und damit ist Jesus gemeint. Sie schauen sich gegenseitig nicht an und dennoch ist deutlich zu spüren, dass Jesus zum Tode verurteilt werden soll.
Aufgeheizt durch die Hohepriester und durch die Menge bleibt Pilatus keine andere Wahl als die Übergabe von Jesus an das meuternde Volk und somit die „Freigabe“ zur Kreuzigung.

Wir wollen beten:
Gott, wie oft sticheln einzelne Personen ein ganzes Volk auf, die Vernunft zu verlieren?
Gott, wie oft reicht schon ein kleiner Funke, um einen Flächenbrand zu verursachen?
Gott, wie oft werden Entscheidungen ohne sachliche Grundlage getroffen, die katastrophale Folgen haben?
Hilf uns dabei, niemals ein stichelnder Mensch zu sein, keine Funken zu sprühen, die einen Flächenbrand auslösen und immer Entscheidungen auf sachlicher Grundlage zu treffen, die nicht verletzend sind.
Lass uns in gegenseitiger Achtung zusammenleben, unsere Mitmenschen lieben und nicht vorschnell verurteilen.
Hilf uns, gut zu sein.

 Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt.

Zugehörige Liedstrophe (jeweils aus GL 779,1ff):

Ich sehe dich, o Jesus, schweigen, / da dich die Welt verdammt zum Tod; /
ach, lass dich zum Erbarmen neigen, / wenn du als Richter kommst, o Gott.

 


2. Station: Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern

Im Evangelium nach Markus lesen wir:
Die Soldaten führten ihn ab, in den Hof hinein, der Prätorium heißt, und riefen die ganze Kohorte zusammen.

Dann legten sie ihm einen Purpurmantel um und flochten einen Dornenkranz; den setzten sie ihm auf und grüßten ihn: Sei gegrüßt, König der Juden!
Sie schlugen ihm mit einem Stock auf den Kopf und spuckten ihn an, beugten die Knie und huldigten ihm.

Nachdem sie so ihren Spott mit ihm getrieben hatten, nahmen sie ihm den Purpurmantel ab und zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an. (Mk 15,16-20)

Betrachtung zum Bild:
Die Soldaten treiben ihren Spott mit Jesus. Sie legen ihm die Königsinsignien an, einen Purpurmantel und eine „Krone“ aus Dornen, sie verneigen sich vor ihm und sprechen ihn als König an, aber sie verhalten sich nicht ehrerbietig, sondern schlagen Jesus und spucken ihn an.
Was schmerzt mehr, die physische oder die psychische Gewalt? Auch heute erleiden Menschen in vielen Ländern Gewalt, die Wunden hinterlässt, die kaum mehr verheilen.
Und doch haben die Soldaten recht - Pilatus hat es später als Inschrift am Kreuz anbringen lassen- ohne den tieferen Sinn zu verstehen: Jesus von Nazareth, König der Juden!
Der Künstler hält das Bild in grauen, düsteren Farben. Jesus steht allein da, das Kreuz bereits mit seinen Armen umschlossen, er weiß, dass die Soldaten es anders meinen als sie vorgeben.
Sein Blick geht nach oben gen Himmel, seine Handflächen zeigen nach oben. Und vom oberen Rand ausgehend ist Jesus in ein helles Licht getaucht, sein Gewand leuchtet in hellem Weiß.
Als wollte der Künstler die Aussage Gottes bei Jesu Verklärung auch auf die kommenden Ereignisse beziehen, die so ganz andere Vermutungen nahelegen: „Dies ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören!“

Wir wollen beten:
Unsere Welt ist geprägt von Oberflächlichkeit und schönem Schein. Lass uns Menschen sein, die nicht auf das Äußere schauen, sondern bemüht sind, die Dinge in ihrer tieferen Bedeutung zu erfassen und hinter die Fassade zu blicken.

 Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt!

Zugehörige Liedstrophe:
Ich sehe dich das Kreuz umfangen, / aus Liebe trägst du alle Schmach, /

so bist du selbst mir vorgegangen, / ich folge dir, mein Jes

 


3. Station: Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz

Im Buch Kohelet lesen wir:
„Zwei sind besser als einer allein. Denn wenn sie hinfallen, richtet einer den anderen auf. Doch wehe dem, der allein ist, wenn er hinfällt, ohne dass einer bei ihm ist, der ihn aufrichtet.“ (Koh 4,9a.10)

Betrachtung zum Bild:
Jesus fällt unter dem Kreuz. Das wird auf Via Dolorosa mehrmals geschehen. Er bricht vor Erschöpfung zusammen. Und sei es nicht schon genug, drückt ein Soldat mit der linken Hand und geballter Faust das Kreuz zusätzlich nach unten und holt mit der rechten zu einem kräftigen Schlag mit der Peitsche aus. Von der Geißelung bereits blutüberströmt war zum Spott auf sein Haupt eine Krone aus Dornen aufgesetzt. Der Künstler hat diese Szene vorherrschend in tiefem, düsterem Grau zum Ausdruck gebracht. Die schwere Last des übergroßen Kreuzes, das sich durch das gesamte Bild zieht, verstärkt neben den Spuren von Blut am Boden die ganze Tragik. Den Kontrast findet das Dunkel im hellen Antlitz und im Gewand des geschundenen Jesus, der bei aller Erniedrigung den wahren Menschen verkörpert. In ihm wirkt jener Geist, der sich als stärker als jede solche Erniedrigung erweist. Alle Finsternis dieser Welt wird nicht in der Lage sein, dieses Licht zu vertreiben.

Wir selber sind keine bloßen Zuschauer dieser Kreuzwegstation, sondern Mitbeteiligte, denn auch unsere Schuld lastet auf diesem Balken.

Gerade in diesen schweren, besonderen Zeiten erfahren wir, dass auch wir selbst von diesen Schattenseiten nicht befreit sind. Kein Mensch kann dem anderen die ganze Last abnehmen, aber er kann tragen helfen. Zeigen wir deshalb gerade jetzt die Solidarität für unsere schwächeren Mitmenschen.

Wir wollen beten:
Herr, du bist unter der Last deines Kreuzes zusammengebrochen. Aber du durftest nicht ausruhen; du musstest aufstehen und das Kreuz weitertragen. Lass uns in den Enttäuschungen des Lebens nie liegen bleiben. Gib uns die Kraft, auf dich zu bauen und dir zu folgen.

Hilf uns, gut zu sein.

Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt.

Zugehörige Liedstrophe:

Du fällst, o Jesus, hin zur Erde, / dich drücket meiner Sünden Last;
o dass mein Herz erweichet werde, / da du so viel gelitten hast.

 


4. Station: Jesus begegnet seiner weinenden Mutter

Beim Evangelisten Lukas lesen wir:
Und Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: Siehe, dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele zu Fall kommen und aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird, und deine Seele wird ein Schwert durchdringen. So sollen die Gedanken vieler Herzen offenbar werden. (Lk 2,34f)

Betrachtung zum Bild:
Das „Ja“ Marias zu Gottes Plänen ist erst am Kreuz beendet. Der Weg dorthin ist lang und beschwerlich. Jesus, das Kreuz auf der Schulter liegend, nimmt seine weinende Mutter in die Arme, um sie zu trösten. Beide sind unter dem Kreuz vereint und tragen in diesem Augenblick die Last gemeinsam. Maria möchte ihm ganz nahe sein, den Schmerz und das Kreuz mit ihm gemeinsam tragen. Sie trocknet mit einem Tuch Ihre Tränen, ihr Mund ist leicht geöffnet, als würde sie zu Jesus sprechen. Trotzdem strahlt dieses Bild Ruhe aus. Die Gewänder der beiden verschmelzen nahezu. Jesu Blick ist ernst. Er ist gezeichnet, das Knie ist vom Sturz blutig, an der Schläfe ist ein blutiger Streifen, verursacht durch die Dornen der Krone. Zärtlich legt er den Arm um seine Mutter. Trotz allem deutet sich schon über dem Kreuz und ihren Köpfen als Symbol der Hoffnung ein heller Streif ab.

 Wir wollen beten:
Herr, du hast deine Mutter in die Arme genommen und unter dem Kreuz getröstet. Tröste alle Mütter, die ihre Kinder durch Krankheit, Hunger und Not bis hin zum Tod begleiten müssen. Gib Ihnen Kraft und innere Stärke, dass sie daran nicht verzweifeln. Lass sie wie Maria ihr Schicksal annehmen.

 Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt

Zugehörige Liedstrophe:
O Sohn, o Mutter, eure Herzen / sind ganz versenkt in Traurigkeit; /

ach, teilet mit mir alle Schmerzen, / lasst mich empfinden euer Leid.

 


5. Station: Simon von Kyrene hilft Jesus das Kreuz tragen

Markus überliefert uns in seinem Evangelium:
Dann führten sie Jesus hinaus, um ihn zu kreuzigen. Einen Mann, der gerade vom Feld kam, Simon von Kyrene, den Vater des Alexander und des Rufus, zwangen sie, sein Kreuz zu tragen. (Mk 15,20b-21)

 Betrachtung zum Bild:
Was sehen wir auf dem Bild? Sehen wir ein  Opfer und einen Helfer? Nein, wir sehen Jesus, der unschuldig zum Tode verurteilt wurde. Erniedrigt, geschunden und verletzt durch eine brutale Macht. Ein Opfer.

Wir sehen auch Simon von Kyrene. Zufällig und unfreiwillig wird er in die Pflicht genommen, gezwungen, das Kreuz eines anderen zu tragen. Er muss beim brutalen Vorgehen  der Macht noch helfen. Ist er dadurch ein Mitläufer oder Mittäter? Nein.
Simon von Kyrene ist das zweite Opfer.
Manchmal muss ich schon nachdenken: Wofür lasse ich mich in die Pflicht nehmen?
Welche Macht nimmt mich in die Pflicht?
Die politische? Die religiöse? Die wirtschaftliche? Oder noch eine andere?

Wir wollen beten:
Herr, hilf uns zu erkennen, wer Opfer und wer Täter ist und dementsprechend unsere Hilfe zu leisten. Hilf uns zu erkennen, welche Macht uns für ihre Zwecke benutzt und zeige uns den Weg, zu widerstehen.

Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt

Zugehörige Liedstrophe:
Das Kreuz will niemand mit dir tragen, / du trägst allein all unsre Schuld; /
du könntest billig dich beklagen, / du schweigst und trägst es mit Geduld.

 


6. Station: Veronika reicht Jesus das Schweißtuch

Im Psalm 27 lesen wir:
Mein Herz denkt an dich: Suchet mein Angesicht!
Dein Angesicht, HERR, will ich suchen.
Verbirg nicht dein Angesicht vor mir;
weise deinen Knecht im Zorn nicht ab!
Du wurdest meine Hilfe.
Verstoß mich nicht, verlass mich nicht,
du Gott meines Heils! (Ps 27,8f)

 Betrachtung zum Bild:
Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als sein Abbild. So sagt es die Bibel. Und mehr noch: Gott wollte nicht, dass seine Geschöpfe sich selbst überlassen bleiben- Deshalb kümmert er sich besonders um die, die arm, entrechtet, ungerecht verurteilt sind, mit einem Wort: um die Niedrigen. Veronika hat das begriffen und verinnerlicht. Im Bild des Menschen vor ihr, der sich zur Kreuzigung schleppt, erkennt sie das Bild Gottes. Das will sie festhalten, so wie es der Künstler festgehalten hat. Christus weint und sie auch. Paulus drückt es später so aus: Weint mit den Weinenden (Röm 12,15b). Und wahrscheinlich macht Gott das auch.

Bilder ausgemergelter, erniedrigter Menschen, die menschenunwürdig behandelt werden, entsetzen uns und prägen sich uns ein. Der Künstler deutet mit dem Tuch der Veronika an, dass sich solche Bilder sogar in unser Gedächtnis einbrennen sollen, damit wir diese Menschen nicht übersehen und sie uns nicht gleichgültig bleiben. Das also lehrt uns Veronikas Schweißtuch: Wir begegnen in den Erniedrigten einem Bild Jesu, einem Bild Gottes, ja, Gott selber. Und dieses sein Angesicht sollen wir suchen.

Wir wollen beten:
Gott, wie oft übersehen wir unsere Mitmenschen,
sehen nicht, worunter sie leiden.
Und wenn doch, wenden wir uns ab.
Das Elend anderer Menschen wollen wir nicht sehen.
Aber sie sind dein Ebenbild, dein Abbild.
Hilf uns, dich hinter all dem Elend zu erkennen.
Lass uns mithelfen, das Schreckliche und Gemeine wegzuräumen,
damit wir dich neu sehen und begreifen können.
Hilf uns, gut zu sein.

Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt.

Zugehörige Liedstrophe:
Geliebter Heiland, Mann der Schmerzen, / ach, zeige mir dein Angesicht /
und präg es ab in meinem Herzen, / o Jesus, meiner Seele Licht.

 


7. Station: Jesus fällt zum 2. Mal unter dem Kreuz

Der Psalmist berichtet:
Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, der Leute Spott, vom Volk verachtet. Alle, die mich sehen, verlachen mich, verziehen die Lippen, schütteln den Kopf: Wälze die Last auf den Herrn! Er soll ihn befreien, er reiße ihn heraus, wenn er an ihm Gefallen hat. (Ps 22,7-9)

Betrachtung zum Bild:
Jesus ist am Boden, das scwere Kreuz hat ihn niedergedrückt. Mit der rechten Hand stützt er sich ab. Der linke Arm umklammert das Kreuz, damit es nicht umkippen und auf ihn fallen kann. Kreuz und Körper werfen einen schwarzen Schatten auf die Erde. Die dunkelste Stunde im Leben Jesu ist angebrochen.

Unter seinen Knien ist der Boden vom Blut rot gefärbt. Der ganze Körper schmerzt, die Kraft geht zur Neige. Und auch hier wieder die Frage: Was schmerzt mehr? Die körperlichen Schmerzen, das körperliche Am-Ende-Sein? Oder der Hohn und Spott und die Verachtung derer, die am Wegrand stehen und alles besser wissen, die sich ergötzen an den Qualen, die ein zu Tode Verurteilter durchleidet.
Auch dieses Bild hält der Künstler in dunklen, düsteren Farben. Nur das Blut-Rot – der Saft des Lebens - unter Jesu Knien und das helle Licht von oben, das Jesus umgibt, nähren die Hoffnung, dass mit Jesu Leiden und Sterben eben doch nicht alles zu Ende ist und umsonst war.

 Wir wollen beten:
Wie oft sind wir in der Gefahr, uns so zu verhalten, wie die Menschen am Wegesrand. In den Chor derer mit einzustimmen, die alles besser wissen und können, die auf der Suche nach dem Schuldigen für die eine oder andere Misere sind. Bewahre uns davor. Lass uns vielmehr nach vorne schauen, Lösungen suchen und Hoffnung auf Besseres nähren.

Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt!

Zugehörige Liedstrophe:
Mit welcher Mühe und Beschwerde / trägt Jesus seines Kreuzes Last, /

doch abermals stürzt er zur Erde / und büßt, was du verschuldet hast.

 


8. Station: Jesus begegnet den weinenden Frauen

Der Evangelist Lukas schreibt:
Es folgte ihm eine große Menge des Volkes, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: Töchter Jerusalems, weint nicht über mich; weint vielmehr über euch und eure Kinder!
Denn siehe, es kommen Tage, da wird man sagen: Selig die Frauen die unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben. (Lk. 23, 27-29)

Betrachtung zum Bild:
Jesus begegnet weinenden Frauen am Wegesrand.
Sein Körper: geschunden, zutiefst verletzt. Und trotzdem stellt der Künstler Jesus geradestehend, den Kreuzbalken mit den Händen fest umschlossen, dar. Ihm gegenüber die klagenden, aber letztlich sprachlosen und weinenden Frauen. Auf dem Bild auch zwei Kinder. Keines der beiden kann sicher die konkrete Situation begreifen, Das größere der beiden erkennt aber intuitiv die tiefe Verzweiflung seiner Mutter und die der anderen Frauen. Voller Angst und Hilflosigkeit klammert es sich an die Mutter. Bilder, wie wir sie täglich in den Nachrichtensendungen dieser Welt sehen.
Was kann „man“ auch in so einer ungerechten, ausweglosen Situation sagen, machen, außer jammern und weinen. Jesus wendet sich zu ihnen mit
fast schon barsch klingenden Worten um: Weint nicht über mich; weint vielmehr über euch und eure Kinder!
Was will Lukas mit diesem Text sagen? Weint nicht über mich, den zum Tod Verurteilten, sondern über euch und eure Kinder. Will er uns auf die ausweglose politische Situation der damaligen Zeit aufmerksam machen, die ja letztlich zu dieser sinnlosen Hinrichtung geführt hat. Oder… Ich weiß es nicht.
Die Situation ist eben so, wie sie ist. Ein unschuldiger Mann wird zu seiner Hinrichtung getrieben.

Wir wollen beten:
Gott, täglich hören und lesen wir von den ungerechten, gegen jedes Rechtsverständnis stehenden und von uns durch nichts zu beeinflussenden Grausamkeiten in dieser Welt.
Von den Situationen, die eben so sind, wie sie sind.
Auch wir stehen 2000 Jahre später sprachlos und voll Schmerz da.
Hilf du uns, trotz unserer Machtlosigkeit solche Situationen zu erkennen, zu benennen und in derselben Hilflosigkeit wie die Frauen, wenigstens zu beweinen und zu betrauern.

Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt.

Zugehörige Liedstrophe:
Allzeit will ich die Sünd bereuen, / sie ist, o Jesus, deine Pein. /
Mehr als den Tod will ich sie scheuen; / dann wirst du, Herr, mit gnädig sein.

 


9. Station: Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz

Im Buch der Klagelieder lesen wir:
Er beuge in den Staub seinen Mund; vielleicht ist noch Hoffnung.
Er biete die Wange dem, der ihn schlägt, und lasse sich sättigen mit Schmach.
Denn nicht für immer verwirft der Herr.
Hat er betrübt, erbarmt er sich auch wieder nach seiner großen Huld. (Klgl 3,29-32)

 Betrachtung zum Bild:
Dreimal stürzt Jesus, dreimal bricht er zusammen. Das Kreuz liegt übermächtig auf seinem Körper, es presst ihn regelrecht auf den Boden. Er kann der Last nichts mehr entgegensetzen. So liegt er einfach flach, langgestreckt, total erschöpft, am Boden. Die Füße blutig und auch da, wo die Stacheln der Dornenkrone die Haut aufgerissen haben, blutet er. So fließt das Leben ihm regelrecht aus dem Körper, dargestellt durch das rote Band.

Schauen wir kurz 2000 Jahre weiter. Aktuell sind z.B. im Jemen ca. 400.000 Kinder akut durch Unterernährung bedroht. Sie liegen wie Jesus zum wiederholten Mal am Boden.
Wenn wir hier als reiche Geberländer nicht eingreifen, kommt es unweigerlich zu einer humanitären Katastrophe.
Und so wie im Jemen liegen weltweit Millionen von Menschen unverschuldet am Boden. Wenn die reichen Länder nicht eingreifen, wird ihnen das Leben wie Jesus aus dem Körper fließen.

Wir wollen beten:
Gott, wie in dem Beispiel des Jemen können wir die Ausrede nicht bringen, wir hätten nichts davon gewusst.
Wir, die sogenannte zivilisierte Welt, wissen es. Die weltweit tätigen Hilfsorganisationen melden es permanent.
Hilf, dass politische Grabenkämpfe in den Hintergrund gerückt werden, so dass konkret und kurzfristig geholfen werden kann und auch wird.

Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt.

Zugehörige Liedstrophe:
Du willst zum dritten Male fallen, / doch deine Lieb erlieget nicht;
sie hilft mit reichen Gnaden allen, / wenn unsre Kraft zusammenbricht.

 


10. Station: Jesus wird seiner Kleider beraubt

Im Markusevangelium lesen wir:
Sie verteilten seine Kleider, indem sie das Los über sie warfen, wer was bekommen sollte. (Mk 15,24b)
Wir lesen hierzu auch im Psalm 22:

Sie verteilen unter sich meine Kleider und werfen das Los um mein Gewand. (Ps 22,19)

Betrachtung zum Bild:
Das Bild ist geteilt.
Jesus steht mittig in der rechten Seite des Bildes, entkleidet und entwürdigt.
Jesus verdeckt sein Geschlecht.
Er ist hierdurch noch mehr erniedrigt.
Aber er trägt die Dornenkrone würdig wie eine echte Krone.

Auf dem anderen Teil des Bildes halten zwei Personen das Gewand.
Sie sind nicht erkennbar als Soldaten, die die Hinrichtung vollziehen sollen.
Wer bekommt das Gewand? Welche Bedeutung hat das Gewand für die beiden Soldaten?
Verkaufen? Erlös vertrinken?
Jesus: strahlend weiß und übergroß, größer als die Soldaten.
Das Gewand in den Händen der Soldaten ebenfalls strahlend weiß, während die Männer dunkel angedeutet sind.
Wir stehen vor dieser Szene und warten auf das, was noch alles auf Jesus zukommt.

Wir wollen beten:
Herr du hast Dich für uns erniedrigt.
Du hast unsere Schuld auf Dich geladen.
Für uns gehst Du in den Tod, erniedrigt wie ein Sklave.
Herr, du bist das Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt.
Dessen gedenken wir bei jeder Feier der Eucharistie.
Denn du willst, dass wir Hoffnung und Leben haben.

Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt

Zugehörige Liedstrophe:
Das Kleid wird Jesus abgerissen; / aus allen Wunden fließt das Blut; /

so muss dein Heiland für dich büßen, / sieh, was die Liebe für dich tut.

 


11. Station: Jesus wird ans Kreuz genagelt

Weiter lesen wir im Markusevangelium:
Dann kreuzigten sie ihn. …  Es war die dritte Stunde, als sie ihn kreuzigten. Und eine Aufschrift gab seine Schuld an: Der König der Juden. Zusammen mit ihm kreuzigten sie zwei Räuber, den einen rechts von ihm, den andern links. So erfüllte sich das Schriftwort: Er wurde zu den Verbrechern gerechnet. Die Leute, die vorbeikamen, verhöhnten ihn, schüttelten den Kopf und riefen: Ach, du willst den Tempel niederreißen und in drei Tagen wieder aufbauen? Rette dich selbst und steig herab vom Kreuz! Ebenso verhöhnten ihn auch die Hohepriester und die Schriftgelehrten und sagten untereinander: Andere hat er gerettet, sich selbst kann er nicht retten. Der Christus, der König von Israel! Er soll jetzt vom Kreuz herabsteigen, damit wir sehen und glauben. Auch die beiden Männer, die mit ihm zusammen gekreuzigt wurden, beschimpften ihn. (Mk 15,24-32)

Betrachtung zum Bild:
Jesus schaut in den Himmel.
Er wird gekreuzigt.
Mit Gewalt werden die Nägel in seine Hände und Füße geschlagen.
Auch die Gestalten sprechen für sich:
Jesus jugendlich dargestellt, sehr schlank, strahlende weiße Figur, übergroß.
Der Henker: muskulös, dunkle Gestalt.
Jesu Körper hebt sich ab vom dunklen Kreuz.
Man kann bereits erahnen, dass der Himmel für ihn offen ist und er zu seinem Vater aufblickt.

Wir wollen beten:
Herr du hast großes Leid auf Dich genommen für uns.
Du hast dich als Opferlamm am Kreuz töten lassen.
Du bist für die Vergebung unserer Sünden in den Tod und durch den Tod gegangen.
Du hast uns das größte Geschenk gemacht: Dich.
Vergib uns, wenn es Zeiten gibt, in denen wir dies vergessen.

Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt

Zugehörige Liedstrophe:
Ich will mit dir, o Jesus, sterben / der Welt, dem Fleisch, der Eitelkeit; /

nur so kann ich das Heil erwerben, / nur so eingehn zur ewgen Freud.

 


12. Station: Jesus stirbt am Kreuz

Der Evangelist Markus schreibt dazu:
Als die sechste Stunde kam, brach eine Finsternis über das ganze Land herein – bis zur neunten Stunde. Und in der neunten Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme: Eloï, Eloï, lema sabachtani?, das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Einige von denen, die dabeistanden und es hörten, sagten: Hört, er ruft nach Elija! Einer lief hin, tauchte einen Schwamm in Essig, steckte ihn auf ein Rohr und gab Jesus zu trinken. Dabei sagte er: Lasst, wir wollen sehen, ob Elija kommt und ihn herabnimmt. Jesus aber schrie mit lauter Stimme. Dann hauchte er den Geist aus. (Mk 15, 33-37)

Bildbetrachtung:
Schon ganz geschwächt hängt Jesus am Kreuz, um ihn herum nur tödliche Spitzen, kein Mensch. Das Rot von Schmerz und Pein; sein Blut sickert nach unten. Das Rot wird dunkel wie die Erde. Der Totenschädel weist auf das hin, was alle Menschen nach dem Tod erwartet – ein Körper, der verwest. Von wegen „Das Reich Gottes ist nah!“ Die Erwartungen vom „Reich Gottes“ – so scheint es - sind erledigt!

Wie der Beter im Psalm 22 hatte Jesus zu seinem Gott noch einmal gerufen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“. (Ps 22,2) 
Sein Sterben geht jetzt dem Ende entgegen. Sein Körper, Kopf und Beine sind kraftlos. Die linke Hand verkrampft sich, jedoch drei Finger der rechten Hand strecken sich aus. Ein Hinweis des Künstlers auf Hoffnung? Streckt sich Jesus aus zu seinem Vater, dem er trotz seiner Verzweiflung auch im Sterben noch vertraut? – Allem Hohn und Spott seiner Peiniger damit entgegnend. Hoffnung entgegen aller menschlichen Erfahrung? Jesus jedoch weiß, er wird noch heute bei seinem Vater im Himmel sein. Warum dieser Tod? Auch Theologen tun sich schwer damit, zu verstehen, warum Gott seinen Sohn so hat quälen lassen.
Ist unsere Erlösung nur so möglich gewesen?

Wir wollen beten:
Jesus, du willst uns Bruder sein, in allem Menschlichen, in Freud und im Leid, für immer. Du hast nicht nur das Himmelreich mit Worten verkündet, sondern hast die Hilfsbedürftigen gesehen und gehört, und ihnen geholfen. Und du hast den Willen des Vaters angenommen und bist in den Tod gegangen.
Jesus, bleibe bei uns, gerade auch, wenn wir versagen, wo wir helfen könnten.
Lass uns durch dein Vorbild erkennen, dass wir auch dann noch Vertrauen auf den Vater haben dürfen, wenn wir unser Kreuz auf uns nehmen müssen.
Hilf uns, gut zu sein.

Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt.


Zugehörige Liedstrophe:

Du, Jesus, bist am Kreuz gestorben, / aus Liebe wählst du diesen Tod. /

So hast du mir das Heil erworben; / o ewig lieb ich dich, mein Gott.

 


13. Station: Jesus wird vom Kreuz genommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt.

Johannes schreibt in seinem Evangelium:
Josef aus Arimathäa war ein Jünger Jesu, aber aus Furcht vor den Juden nur im Verborgenen. Er bat Pilatus, den Leichnam Jesu abnehmen zu dürfen, und Pilatus erlaubte es. Also kam er und nahm den Leichnam ab. (Joh. 19,38)

 Betrachtung zum Bild:
Maria – Josef von Arimathäa legt Jesus in deinen Schoß.
Denkst du vielleicht gerade an Simeon, der dir sagte: „Deine Seele wird ein Schwert durchdringen“?
Es muss sich tief bei dir hineingebohrt haben, als dein Sohn seinen letzten Atemzug gemacht hat!
Jetzt breitest du zum letzten Mal deinen weiten Mantel über deinen Sohn und beweinst ihn. Wie zerschunden er jetzt aussieht! Klaffende Wunden – die quälende Dornenkrone, von Blut getränkt, hat sich gelöst.
Du versuchst ihn zumindest jetzt zu behüten. Vorher konntest du nur machtlos zusehen.
Du weinst – und du weinst nicht um den Helden, den Messias – du weinst um dein Kind. Genauso wie viele andere Mütter auf dieser Erde.
Vom Schmerz gezeichnete Mütter und ihre toten Kinder. Kreuzestode – zigtausende am Tag weltweit. Verursacht durch Hunger und Durst, mangelnder Gesundheitsversorgung, Naturkatastrophen, Krieg und Vertreibung.
Und wir? Bekommen wir es wirklich mit? Den Tod der Kinder? Den Schmerz der Mütter?
Pietà – die mitleidende Maria – stellvertretend für die vielen Mütter weltweit.
Die Schmerzensmutter – ein Mahnmal gegen Ignoranz und für gelebte Liebe.

Wir wollen beten:
Herr, nun liegst du zerschunden im Schoß deiner weinenden Mutter. Weltweit müssen viele Mütter machtlos zusehen, wie ihre Kinder leiden und auch sterben. Gib, dass die zahllosen weinenden Mütter Kraft und Trost finden und an ihren Leidenswegen nicht zerbrechen.  Lass uns mit ihnen solidarisch sein!

Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt.

Zugehörige Liedstrophe:
Ich liege, Mutter, dir zu Füßen, / nimm gnädig an mich als dein Kind; /
o lass mich Jesu Wunden küssen / und weinen über meine Sünd.

 


14. Station: Jesus wird in das Grab gelegt

Bei Markus lesen wir:
Da es Rüsttag war, der Tag vor dem Sabbat, und es schon Abend wurde, ging Josef von Arimathäa, ein vornehmes Mitglied des Hohen Rats, der auch auf das Reich Gottes wartete, zu Pilatus und wagte es, um den Leichnam Jesu zu bitten. Pilatus war überrascht, als er hörte, dass Jesus schon tot sei. Er ließ den Hauptmann kommen und fragte ihn, ob Jesus bereits gestorben sei. Als er es vom Hauptmann erfahren hatte, überließ er Josef den Leichnam. Josef kaufte ein Leinentuch, nahm Jesus vom Kreuz, wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das in einen Felsen gehauen war. Dann wälzte er einen Stein vor den Eingang des Grabes. Maria aus Magdala aber und Maria, die Mutter des Joses, beobachteten, wohin er gelegt wurde. (Mk.15,42-47)

Betrachtung zum Bild:
Der Vorhang ist gefallen, es wird dunkel. Durch die Felsspalten fällt noch ein bisschen Licht in die Grabkammer. Noch zeichnen sich die Schatten klar ab. Die Farben bleiben blass, wirken kalt und es gibt ein ungefähres Gleichgewicht zwischen Anthrazit und Violett.

Im Kirchenjahr ist Violett die Farbe der Stille und der Besinnung. Auffallend das klare Blau und das blasse Gelb wie ein aufgehender Mond dahinter. Die geometrischen Formen der Farbfelder scheinen willkürlich gewählt. Der Betrachter schaut von oben auf den Leichnam Jesu, der blutleer zu sein scheint, lediglich die jetzt blauen Wundmale scheinen durch das durchsichtige Leinentuch. Das Gesicht Jesu ist schmal und für diesen toten Menschen scheint es keine Hoffnung mehr zu geben. Um den Tod kommt keiner herum.
Dreht man aber das Bild um 90° nach links, so erscheint die gelbe Sichel als aufgehende Sonne. Jetzt sind die Segmente auf der rechten Seite wie ein offenes Tor, das uns den Weg in das Licht freigibt. Ein Blick auf die bevorstehende Auferstehung? Alles deutet nach oben, erhebt sich, das Ende ist nur scheinbar das Ende. Wenn uns die Dunkelheit einnimmt, sind wir auch zunächst hilflos; ohne zu wissen was kommt, macht es uns vielleicht ängstlich.
Umherirrend, tastend, suchen wir etwas, das uns Halt gibt, das uns den Weg aus der Dunkelheit weist. Der Glaube bringt uns die Hoffnung, vom Dunkel ins Licht zu kommen.
Zum neuen Leben, in dem der Tod vergangen ist. Er ist die Tür zum neuen Leben.
So wie Jesus sagt: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.

Wir wollen beten:
Herr, wie sollen wir das Licht schätzen, wenn uns nur Dunkelheit umgibt.
Du hast es vorgelebt bis zum bitteren Ende, weil du Gottvertrauen hattest.
So hat der Tod keine Macht über das Leben.
Gib uns die Kraft und die Einsicht, damit wir Dir nachfolgen können.

Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt.

Zugehörige Liedstrophe:
Ich will mit dir, o Jesus, sterben / der Welt, dem Fleisch, der Eitelkeit; /
nur so kann ich das Heil erwerben, / nur so eingehn zur ewgen Freud.

 


15. Station: Auferstehung

Bei Markus lesen wir:
Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben. Am ersten Tag der Woche kamen sie in aller Frühe zum Grab, als eben die Sonne aufging. Sie sagten zueinander: Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen? Doch als sie hinblickten, sahen sie, dass der Stein schon weggewälzt war; er war sehr groß. Sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem weißen Gewand bekleidet war; da erschraken sie sehr. Er aber sagte zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier. Seht, da ist die Stelle, wohin man ihn gelegt hat. (Mk 16,1-6)

Bildbetrachtung:
Jetzt steht Jesus im Licht, die Sonne ist aufgegangen. Das, was in der letzten Station noch als kleine Sichel der einzige Lichtblick in der Grabkammer war, dominiert jetzt hinter dem nach oben strebenden Christus. Die Wundmale sind wieder rot, er lebt, die Augen geöffnet, ohne Schmerz, das Leichentuch fällt ab. Jetzt haben die hellen leuchtenden freundlichen Farben die Dominanz. Das Außen-herum ist jetzt ohne Bedeutung geworden.
Stellt man das Bild auf den Kopf, so kommt einem das Gleichnis vom Weizenkorn in den Sinn.
„Sterben, um zu leben“… Jesus ist der Samen, aus dem der Keim nach oben strebt ans Licht, um wieder zu wachsen und ein neues Korn zu werden.
Das ist das Versprechen, das wir erhalten. Und wie gehen wir damit um?
Da wo es um Leben und Tod geht, wie weit ist das weg oder - anders gefragt: Wie nah lassen wir es an uns heran? Liegt es in der Natur des Menschen, sich wie ein Weizenkorn zu verhalten? Es „muss sterben, um zu leben.“
Was ist in unserem Leben bereits tot, was ist jetzt schon leblos, lieblos?
Wo ist unser Gottvertrauen? Wann, wo und wie können wir uns fallen lassen? Wer fängt uns auf?
Nur in der Auferstehung liegt der Glanz, das Licht, das wir zum Leben so dringend brauchen.
Wir können uns fallen lassen, wenn wir uns trauen. Alle unsere neuen Wege beginnen mit dem ersten Schritt. Also dann…

Wir wollen beten:
Herr, wir wollen mit dir gehen, du mischt dich ein, du engagierst dich, du schaust nicht weg. Gib uns die Kraft und die Entschlossenheit, dich auf deinem Weg wenigstens ein Stück zu begleiten. Hilf uns, unser Kreuz zu tragen, so wie man Dir geholfen hat.

Darum bitten wir:
A: Erbarme dich über uns und die ganze Welt.

Zugehörige Liedstrophe:

Du bist lebendig hier zugegen, / hast neu das Leben uns gebracht. /
So woll´n auch wir auf allen Wegen / Gott beten an und seine Macht.

 


V: Lasst uns gemeinsam beten:

A: Herr,
zahlreiche Menschen haben tagtäglich ihr Kreuz zu tragen.
Und manchmal gleicht ihr Leben einem langen und traurigen Karsamstag.
Alles scheint am Ende.
Hilf du uns, weiterschauen.
Lass uns das Licht am Ende des Tunnels erkennen.
So wie der erste Sonnenstrahl am Morgen, so durchbrichst du selbst das Dunkel.
Du willst ja, dass wir Liebe dorthin tragen, wo Menschen erniedrigt und entmutigt werden.
Lass sie und uns in aller Not und Traurigkeit dein Licht und deine Nähe spüren und Trost finden bei dir!
Und wenn wir mit Worten verletzen statt trösten,
wenn wir schuldig geworden sind vor dir,
dann vergib uns unsere Schuld,
damit auch wir Verletzungen und Schuld vergeben können.
Mach aus unseren Kreuzwegen einen Weg zu deinem Licht.
Amen

Vaterunser

Segensgebet und Segen (Dekan Hermany)

Postludium: Orgel und Flöte

Ganz herzlichen Dank sagen wir Frau Eva Lessig, die uns gestattet hat, die Bilder ihres Mannes zu verwenden und hier auch zu veröffentlichen.

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